Hundstage

Erschienen in: Zwischenspiel, Martin Werhand Verlag (2015)

Der Mann strich durch die Zweige des herbstlich verfärbten Hagebuttenstrauchs. Der Wind frischte auf. Auch hier im Garten, im Schutz der umstehenden Häuser, wehte es ihm kühl entgegen. Unter seinen Fingerkuppen spürte er die harten Stacheln der Hagebuttenzweige. Er drückte fester dagegen, fühlte, wie sich die Stacheln in die obersten Hautschichten bohrten. Etwas stimmt nicht, dachte der Mann, aber nicht aus einer spontanen Beobachtung heraus, sondern als wollte er damit ganz bewusst ein längeres Nachdenken über sich und die Welt einleiten. Er ließ seinen Blick durch den Garten der Ferienwohnung schweifen, die er hier im Alpenvorland vor vier Tagen bezogen hatte. Etwas stimmt nicht. Er sagte es leise vor sich hin.

Vom Apfelbaum waren schon alle Blätter gefallen, nur ein paar einzelne Äpfel hielten sich noch und schrumpften an den Zweigen langsam zusammen. Der Mann betrachtete den Apfelbaum eingehend, seine abgeworfenen Blätter, die ihn am Boden umkränzten, den Stamm mit seinem leichten Moosbewuchs, er blickte höher hinauf zu den Ästen, die kahl in den Himmel ragten. Er ließ seine Hand vom Hagebuttenstrauch herabsinken. Es war ihm plötzlich, als hätte er es fast, als stünde er kurz davor, dass sich ihm ein lange gesuchter Gedanke endlich entfalten würde. Doch als er der tief stehenden Sonne entgegen blinzelte, die ihrerseits durch die lichte Baumkrone spähte, da spürte er etwas Feuchtes an seiner Hand, etwas wischte lauwarm darüber. Der vielversprechende Gedanke verschwand, falls es ihn je gegeben hatte.

(...)

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